Samstag, 4. April 2009

Resonanzen entfernter Schwingungen/ Erinnerte Schreibstimme 1986/2009

Etwas, das sich zuallererst bemerkbar macht.
Etwas, das Ausdehnung besitzt, ohne Materie zu sein.
Etwas, das seinen Raum ortet durch Ausdehnungsklang:
Abgelöst, abgestoßen, hinausgeschickt..
Hervorgebracht von etwas, das es selber nicht ist.

Es nimmt seinen Ausgang und seinen Lauf: einen festen, beweglichen Körper öffnend – und während es dem Gestillten entflieht, verbleibt es für Bruchmomente dort, von woher es gekommen ist. Da sucht und findet es Ankunft durch Öffnungen von festen beweglichen Körpern.
Tieflichtig und hochdämmernd, hellblind und dunkelsichtig, Getöntes, ist als Stimme belegt, gebrochen, ungreifbar ein Monologisches. Als Dialogisches erscheint es in Gestalt seines Geschlechts, und transportiert sich doch nur bis an die Grenze seines Wortkonturbildes.
Kaum eine Empfindung, die nicht mitschwingt. Blitzmomenthafte Eindringlichkeit – aus Kompakten dringt es hin – aus in etwas Kompaktes hinein, um dort flüchtig Ankunft zu sprengen. Aber nur ein Hin – ankünftig dringliches Bleiben.
Unsichtbarer, modellierbarer, verstellbarer Stoff, Form, Weise, genauestens Wahrgenommenes Unverwechselbar. Wie Tarnbares wieder bis zur Unkenntlichkeit falsch; einmalig: genauestens wahrgenommen untrennbar vom Verursachen. Loslösung in weitauschreitender Wanderung und Einzug in feste bewegliche Körper, Mythologie und Krankheit erzählend.
Die Nachahmbarkeit steigt auf aus der Erinnerung, eine Erinnerung ohne Nachahmung, Echolot und das Empfinden, wenn es weit hinaus, weit tief hinein will. Schatten von Imagination ironisch oft, Tatauslöser, erinnert weich. Immaterialität der Wiederholung, deponierbar, konservierbar in Stoffen, die nichts mehr als zauberhaft konkret durchschaubar sind. Ein personeller Ort des Hinausdrängens bleibt abwesend, nur seine Tonspur Lautspur ist reproduziert, gelber Starengesang im Dritten Auge. Du meine ins Widerstandslose greifende Spontaneität, Berechnung von Brechbarkeit aller Sprachen. Das Kontrollierbare daran bleibt Konzentration, überall einsetzbar wartete Einflußgabe, Einflußnahme. Einflußnamen! Veratme den Austausch, Zauberkraft dialogischer Handlangerhandlungen. Alles darf basieren, pausieren darauf.
Wenn das Lesen hört, wenn das Lesen lauscht auf den Rhythmus der Stimme, der sich kraft unserer Augen vernehmen läßt, wenn die Ankunft der eigenen mit der fremden Stimme endlich zusammenscheint. So ist das Dusagen Übersetzung, der Weg von skriptural gestalteten Flächen läßt sich anverwandeln über den Kopf zur Hand: Weißflächen beschriftend. Worte, was dazwischen geschah, wunderbar furchtbare Arti

An manchen Tagen ist die Welt bereits da zuende

Du aber...

An manchen Tagen ist die Welt bereits da zuende, wo sich der Blick aus dem Fenster an der erstbesten Häuserfassade stößt. Ist es Tag, vermag einer sich noch vorzustellen, was da hinter den Gardinen vorgeht: Die Bedrückung wird vollkommen, wenn dir bewußt wird, daß die Vorstellung nur funktioniert, weil du dir die Gewohnheiten ausmalen kannst, die den Aufenthalten der Menschen unterlegt sind. Ist es Abend, gibt es zwei Möglichkeiten, die Welt aufhören zu lassen:
Wird eine Tisch-oder Stehlampe eingeschaltet, vermischt sich die Sehnsucht nach Geborgenheit mit der Gewißheit des Ausgestoßenseins. Das hinter einer Gardine vermutete Allein-und Ausgeglichensein des Bewohners verdüstert dir die Hoffnung, irgendwo je zu Hause sein zu können.
Eine plötzlich eingeschaltete Deckenleuchte im Haus gegenüber, als zweite Möglichkeit einer Erzählung vom Rand deiner Welt, verletzt die menschliche Seele erheblich. Die menschliche Seele, das ist jenes unnachgiebige Organ der Identität, das die Erbärmlichkeit menschlicher Existenz der Gleichgültigkeit ausliefert: nackt stehen die Menschen unter hochhängenden Deckenleuchten und meiden den Blick des Anderen.
Oder sie laufen zwischen ausgekühlten Zimmern hin und her und verrichten Sinnloses.
Eine Familie sitzt um einen Küchentisch mit Plastikschutz, Brotscheiben auf Frühstückbrettern voller Schnittspuren werden belegt, ein dünnes Rauchfähnchen steigt aus einer angeschlagenen Teekanne, Pfefferminze, vermischt mit dem faden Spülwassergeruch, dervon überallher entweicht. Verhaltenes Geschirrgeklapper, überreizte Elterstimmen, deren nörgelnde Kinder aus willkürlich gewählten Satzfolgen Sinnzusammenhänge erlernen.
Du aber hockst in der feuchten Dämmerung deines schäbigen Zimmers, schämst dich vor dir selber, eine Kerze anzuzünden oder das Radio einzuschalten, das Echo des Tages. Unüberwindlich scheint das Bild der dumpfrot gestrichenen Treppe im kalten Flur auf die Straße hinaus. Der nahe Verkehrslärm beunruhigt dich. Ein Gewissen tickt wie eine Zeitbombe. Jetzt Briefe schreiben, ein Gespräch führen, morgen? Die Ernüchterung ist die perfekt inszenierte Verletzbarkeit. Was jetzt noch zu denken übrigbleibt, ist nur noch Wiederholung. Du bist sicher, du bist noch nicht bemerkt worden. Du bist sicher, daß dieser Ausschnitt der Welt unwiderruflich deine Welt bleiben wird. Dein Hungergefühl macht dich schadenfroh. Mit eiskalten Händen zündest du dir eine Zigarette an und nimmst dir vor, morgen ein Stück Nessel vor dein Fenster zu hängen.

Du aber

Zentrale Randlage

Die Sprache

Versteckte Namen

Erkenntnis zentraler Denkkälte

Hier die Luft.
Da das Atmen.
Dort die Haut.
Darunter Fleisches Schwellen.

Schwingend
dem Zufall entwendet,
zwischen den Schichten
wiederum Luft.
Bei Ankunft pulsierender Austausch;
vernetzter Notsignale Gebinde.

Eth

Mein Kopf ortet
die Blätter mit Schrift,
die ich widerwichtig entziffere.

Mein Schreiben
erinnern!
Ich habe deinen
Kopf dafür.

„Ich sei wieder erkennbar“,
macht mich stolz wie auf ein Tier,
das spielt, als pariere
es Worte.

Die wiederentzündbare Lust
am Stil ist nicht immer der List
Gewißheit.